Hack 2: Meditieren nach dem Aufwachen
Beim Thema Meditation von einem Hack zu sprechen, fühlt sich fast an wie zu behaupten, Wasser sei der neue Geheimtipp gegen Durst. Dass es wirkt, wissen wir alle. Allein die Zeit dafür müssen wir uns nehmen. Die Grundregel: Wenn man keine Zeit findet, 10 Minuten am Tag zu meditieren, wären eigentlich 20 Minuten angebracht.
Für mich persönlich hat sich eine einfache Routine bewährt, die sich wie ein sanfter Startknopf für den Tag anfühlt. Ich empfehle immer direkt nach dem Aufwachen zu meditieren und noch bevor man das Handy in die Hand nimmt. Keine große Technik, eher ein kurzes Einstellen des inneren Radios auf einen vernünftigen Sender.
Wer noch nie meditiert hat, helfen Apps wie Headspace, Open oder Calm. Auf YouTube findet man ebenfalls solide Anleitungen, etwa von Breath & Flow. Und falls man all das nicht möchte, reicht für die erste Woche ein Timer mit drei Minuten. In denen kann man die Boxatmung üben. Vier Sekunden einatmen, vier Sekunden halten, vier Sekunden ausatmen und vier Sekunden halten. Repeat. Der Fokus kann dabei auf der Nasenspitze liegen, denn dort spürt man die Atemluft am besten.
Hack 3: Seufzeratmung gegen akuten Stress
Bleiben wir beim Atmen. Die Seufzeratmung, also zweimal (erster Atemzug 90%, zweiter Atemzug 10%) durch die Nase einatmen und langsam durch den Mund ausatmen, zeigt laut Stanford Forschung die schnellste Wirkung bei akutem Stress. Sie verbessert die Herzratenvariabilität und senkt die Atemfrequenz sogar stärker als klassische Achtsamkeitsmeditation.
Heißt: Wenn man gerade dabei ist, eine karrieregefährdende Mail oder eine beziehungsgefährdende Nachricht zu tippen, fünf Seufzer später sieht die Welt oft schon anders aus. Und das Schlimmste lässt sich in vielen Fällen noch abwenden.
Hack 4: Die Bienenatmung für den Vagusnerv
Die summende Bienenatmung wirkt unscheinbar, ist aber ein starkes Werkzeug. Beim Ausatmen summt man mit geschlossenem Mund, was den Vagusnerv stimuliert. Studien zeigen sogar Gammawellen im EEG, die mit erhöhter Achtsamkeit verbunden sind. Es erinnert ein wenig an das Om im Yoga. Wenn man das Om nicht mag, kann man einfach summen, das ist genauso effektiv für die Beruhigung des Körpers.
Wenn ich zuhause in einer Stressphase bin und wieder zu mir kommen möchte, hilft mir die Summatmung oft am schnellsten. Zwei, drei lange Ausatmungen und der Körper landet wieder sauber im Moment.
Das Buch „Breath – Atem“ hat meinen Blick auf Atmung tatsächlich stark verändert. Am Ende geht es bei all diesen Techniken um einen gut gefüllten Werkzeugkasten. Hätte ich den schon mit 25 gehabt, wären ein paar graue Haare wahrscheinlich nie entstanden.
Hack 5: Mini-Meditation nach dem Heimkommen
Mein Favorit in der Liste, weil er unglaublich gut bei mir wirkt. Wenn ich nach Hause komme, setze ich mich direkt für drei Minuten hin und beruhige mein Nervensystem mit einer kurzen Meditation. Genau diesen Moment empfinde ich mich meist zerstreut wie ein frischer Mikadohaufen. Die Außenwelt hängt noch an mir, der Kopf ist voll und der Körper läuft im alten Tempo weiter. Die Mini Meditation ist da ein hervorragender Anker.
Wenn das nicht geht, weil man zuhause schon von Mensch oder Tier erwartet wird, tut es auch die Tür als Stütze. Kurz anlehnen, drei tiefe Atemzüge, gern die Seufzeratmung, das reicht oft schon, um wieder im eigenen Tag anzukommen.
Hack 6: 20 Push ups jeden Morgen
Damit meine ich nicht die Liegestütze - sonst wären wir ja auch in der Kategorie Sport -, sondern eine Übung vor dem Spiegel: Und zwar zwanzig Mal die Mundwinkel hochpushen. Unser Gehirn reagiert erstaunlich stark auf die Aktivierung der Lachmuskeln, selbst wenn das Lächeln anfangs eher mechanisch wirkt uns man sich reichlich blöd vorkommt. Studien zeigen, dass die Muskelbewegung selbst positive Emotionen anstoßen kann, weil das Gehirn die Mimik rückwärts interpretiert. Die Stimmung zieht danach oft automatisch mit.
Hack 7: Handy-Zeit minimieren
Es geht ans Eingemachte. Kaum etwas zieht uns so zuverlässig aus dem Moment wie unser Handy. Und: Die Zahlen zur weltweiten Handynutzung sind mehr als alarmierend. Experten empfehlen maximal zwei Stunden am Tag, was für viele heute völlig unrealistisch klingt.
Ständige Erreichbarkeit und das sich permanent Vergleichen auf Social Media sind das absolute Gegenteil von Achtsamkeit. Hilfsmittel gibt es genug. Ich nutze dafür die App Freedom, die gnadenlos alles blockiert, was mich sonst in den digitalen Kaninchenbau zieht. Die meisten Smartphones bieten ähnliche Funktionen. Einmal eingerichtet, spart das jeden Tag erstaunlich viel Nervenkraft.
Hack 8: Die 5 4 3 2 1 Technik
Im Moment zu sein klingt immer so einfach, fast schon wie ein freundlicher Rat aus einem Kalenderblatt. In der Realität springen unsere Gedanken aber zuverlässig zwischen gestern und morgen hin und her. Genau dabei hilft die 5 4 3 2 1 Technik. Sie holt einen für einen kurzen Moment zurück ins Jetzt, egal ob man im Lieblingssessel sitzt oder werktags um 18 Uhr im Zug von Düsseldorf nach Köln steht.
Man zählt fünf Dinge, die man sieht, vier Dinge, die man berührt, drei Geräusche, zwei Gerüche und eine Sache, die man schmeckt. Je mehr Zeit man sich dafür nimmt, desto stärker wirkt der Effekt. Mein Hack hier: Immer noch ein nicht bewertendes Adjektiv dazu finden, das macht es noch realer. Also im Sinne der Yogis eher rote Blume schöne Blume.
Hack 9: Das Sorgen Tagebuch
Sorgen melden sich gern genau dann, wenn man eigentlich zur Ruhe kommen möchte. Laut Schlafforscher Matt Walker hilft es, die Gedanken zwei Stunden vor dem Zubettgehen aufzuschreiben. Nicht poetisch, nicht perfekt, einfach runter damit. Durch das Externalisieren verlieren viele Sorgen ihren Biss, weil sie nicht mehr im Kopf kreisen, sondern schwarz auf weiß vor einem liegen.
Das wirkt überraschend beruhigend. Der Kopf fühlt sich sortierter an, der Moment klarer und das Einschlafen leichter. Ein kleines Ritual, das oft mehr bringt als der zehnte Versuch, die Gedanken einfach „wegzuschieben“.
Hack 10: No-Multitasking
Multitasking fühlt sich oft produktiv an, ist aber ein starker Stressverstärker. Das Gehirn springt dabei permanent hin und her. Dieser ständige Wechsel kostet Fokus, Energie und Nerven. Ein guter Gegenpol ist Singletasking.
Für den Anfang reicht es, einmal am Tag eine Routine auswählen, die man bewusst im Single Tasking Modus macht. Den ersten Kaffee trinken, ohne aufs Handy zu schauen. Zähneputzen ohne nebenbei Mails zu checken. An der Ampel stehen und einfach nur atmen. Für die Generation meiner Eltern klingt das vermutlich nach normalem Alltag. Für Digital Natives und Digital Immigrants hat es die Qualität einer Mini Meditation.
tl;dr
Mindfulness ist kein spirituelles Konzept, sondern eine Sammlung kleiner Alltagswerkzeuge, die unser Nervensystem zuverlässig beruhigen. Atemtechniken, kurze Meditationen und ein bewusster Umgang mit Smartphone, Gedanken und Aufmerksamkeit senken Stress spürbar und helfen, wieder im eigenen Leben anzukommen. Es ist wie beim Muskeltraining, nur eben für den Kopf: Übung macht die Meisterin.
Weiter geht’s nächste Woche mit Teil 3: Ernährung. Wir schauen uns an, wie Polyphenole, Timing und Fermentation nicht nur den Stoffwechsel, sondern auch unsere Langlebigkeit unterstützen können.