Sport & Gesundheit, 16. September 2025

Speiseröhrenkrebs - oft verkannt und zu spät erkannt

DKV-Chefin Frauke Fiegl im Gespräch mit Prof. Dr. Arnulf Hölscher

DKV-Chefin Frauke Fiegl im Gespräch mit Prof. Dr. Arnulf Hölscher

Frauke Fiegl, Vorstandsvorsitzende der DKV Deutsche Krankenversicherung AG und der ERGO Krankenversicherung AG, spricht im Interview mit Prof. Dr. Arnulf Hölscher, Leiter des Contilia Zentrums für Speiseröhrenerkrankungen am Elisabethkrankenhaus Essen. Prof. Dr. Arnulf Hölscher ist einer unserer rund 100 DKV Best Care Top-Experten, die unseren Best Care Versicherten bei schwerwiegenden Erkrankungen mit einer Zweitmeinung und ausführlichen Empfehlungen zur weiteren Behandlung zur Verfügung stehen.

Herr Prof. Dr. Hölscher, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit mir zu sprechen. Als Viszeral- und Thoraxchirurg sind Sie Leiter des Contilia Zentrum für Speiseröhren- und Magenerkrankungen im Elisabethkrankenhaus in Essen. Was macht die Speiseröhre so besonders in Bezug auf die Entstehung von Krebs?

Speiseröhrenkrebs gehört zu den aggressivsten Tumoren des Verdauungstrakts. Oft wird er zu spät erkannt – auch, weil die Vorstufen wie der Barrett-Ösophagus keine Schmerzen verursachen. Reflux oder umgangssprachlich Sodbrennen ist eine Volkskrankheit und kann mehr sein als nur ein lästiges Brennen. Doch viele Patientinnen und Patienten wissen das nicht. Langjähriger Reflux schädigt die Schleimhaut der Speiseröhre. In manchen Fällen entwickelt sich der Barrett-Ösophagus und verändert das Gewebe, was ein erhöhtes Krebsrisiko mit sich bringt. Wird dieser Zustand nicht erkannt oder kontrolliert, kann daraus ein bösartiger Tumor entstehen.

Jetzt werden vielleicht einige Leser an ihre letzte Feier oder vielleicht an das jährliche Weihnachtsfest denken, wenn sich nach einem reichlich gedeckten Tisch und gutem Wein der Magen meldet. Ab wann muss man sich Gedanken machen, und welche Warnzeichen sollte man ernst nehmen?

Frühe Stadien verursachen kaum Beschwerden. Spätere Symptome können sein: Schluckstörungen, unbeabsichtigter Gewichtsverlust, Schmerzen hinter dem Brustbein oder anhaltende Heiserkeit. Besonders bei langjährigem Sodbrennen sollte eine Magenspiegelung in Erwägung gezogen werden – auch ohne akute Beschwerden.

Die moderne Viszeralchirurgie ermöglicht heute die operative Entfernung des Tumors – oft minimalinvasiv – präzise und schonender als je zuvor.

Prof. Dr. Arnulf Hölscher, Leiter des Contilia Zentrums für Speiseröhrenerkrankungen am Elisabethkrankenhaus Essen

Was können Patientinnen und Patienten mit Reflux vorbeugend in diesem frühen Stadium tun?

Regelmäßige endoskopische Kontrollen, insbesondere bei langjährigem Sodbrennen, sind entscheidend. Bei Barrett-Ösophagus können bereits minimalinvasive Eingriffe eine Krebsentstehung verhindern. Eine bewusste Ernährung, Nikotinverzicht und Gewichtsregulierung unterstützen die Vorbeugung zusätzlich.

Wenn Speiseröhrenkrebs festgestellt wird, welche Therapieoptionen gibt es inzwischen?

Die moderne Viszeralchirurgie ermöglicht heute die operative Entfernung des Tumors – oft minimalinvasiv – präzise und schonender als je zuvor. In interdisziplinären Teams werden individuelle Behandlungspläne erstellt. Je früher ein Tumor entdeckt wird, desto höher die Heilungschancen. Wir können heute viel für unsere Patientinnen und Patienten tun – aber sie müssen frühzeitig den Weg in die Diagnostik finden.

Am 1. Juli 2025 fand eine besondere Patienten-Tagung in der Contilia Klinik in Essen statt. Warum haben Sie dieses Format gewählt, und wie blicken Sie auf die Veranstaltung zurück?

Diese Tagung war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Sodbrennen ist für viele alltäglich – doch es kann lebensgefährlich werden. Chronischer Reflux kann langfristig die Schleimhaut der Speiseröhre verändern und zu einer Vorstufe von Speiseröhrenkrebs führen. Obwohl dieser Zusammenhang medizinisch gut belegt ist, findet er in der breiten Öffentlichkeit noch zu wenig Beachtung. Im Mittelpunkt standen nicht nur medizinische Vorträge, sondern vor allem der Austausch: Behandelte Patientinnen und Patienten berichteten offen über ihre Erfahrungen mit der Diagnose, Therapie und dem Leben danach – im direkten Gespräch mit aktuell Erkrankten. Die Atmosphäre in der Contilia Klinik war geprägt von Offenheit, Vertrauen und Empathie. Ehemalige Patientinnen und Patienten machten Betroffenen Mut und zeigten: Auch eine schwere Diagnose bedeutet nicht das Ende. Die Erfahrung aus erster Hand gab vielen Hoffnung und neue Perspektiven auf dem eigenen Weg.

Vielen Dank für den interessanten Einblick in das Thema und Ihre Tipps.


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