Digitalisierung & Technologie, 4. November 2025

Multi-Agent-AI

Wenn KI-Kollegen im Team agieren

Multi AI Agents TTR 2025

In vielen digitalen Geschäftsbereichen ist Künstliche Intelligenz bereits etabliert. Agentic AI hat den Grad der Automatisierung zwar nochmals erhöht, doch erst mit Multi Agentic AI lässt sich das volle Potenzial der KI-Agenten ausschöpfen. So werden aus KI-Kollegen für einfache Aufgaben KI-Teams für komplexe Geschäftsabläufe.

Der Hype um Generative KI kennt keinen Stillstand. Auf die vielen spezialisierten KI-Tools für definierte Aufgaben folgte mit Agentic AI die nächste Ausbaustufe. Aus einfachen Werkzeugen, die man selbst bedienen musste, wurden KI-Kollegen, die bestimmte Aufgaben in einem definierten Rahmen automatisiert erledigen können.

Von KI-Kollegen zum kollaborativen KI-Team

Agentic AI war lediglich der Startschuss für das nächste Rennen: Multi Agentic AI. Bildhaft beschrieben kommen hier mehrere KI-Kollegen zu einem Team zusammen und arbeiten komplexe Aufgabenpakete ab, die ein einzelnes KI-Tool in der Form nicht bewältigen könnte.

Multi-AI-Agentensysteme sind zu einem der wichtigsten Trends des Jahres 2025 geworden. Sie stehen für die kontinuierliche Weiterentwicklung von KI-Lösungen für streng definierte Aufgaben hin zu kollaborativen Agenten-Teams für komplexe Aufgaben und Abläufe. Einmal aufgesetzt, laufen die Prozesse laut Versprechen automatisiert und autonom ab.

KI-Agenten entwickeln sich schnell zu einem Weg zur großflächigen Einführung von LLMs in der Versicherungsbranche.

Matthias Beuerle-Liegel Data Analytics Spezialist. Quelle: Tech Trend Radar 2025

Der wesentliche Unterschied zu bisherigen KI-Agenten liegt in der Kollaboration. Verschiedene KI-Agenten übernehmen gemeinsam einen komplexen Aufgabenprozess, für den verschiedene KI-Fähigkeiten benötigt werden. Wie in einem menschlichen Team tauschen sich die zusammengeschlossenen Agenten untereinander aus, teilen Daten, treffen selbstständig Entscheidungen und verbessern durch den Austausch die Qualität der gemeinsamen Lösungen. Sie kooperieren, ergänzen sich in ihren Fähigkeiten und verfolgen gemeinsame Ziele.

Genauso würde man auch ein erfolgreich arbeitendes Team aus menschlichen Kolleginnen und Kollegen beschreiben, oder?


Evolution: Von Tools zu Multi-Agenten-Systemen

 

Phase 1: Einfache KI-Tools (2022-2023)

  • einzelne, isolierte Interaktionen mit KI-Chats
  • abgeschlossene Sessions ohne Gedächtnis
  • User gibt Input, KI gibt Output
  • Beispiele: Texterstellung, Grafiken, Code-Snippets, Übersetzungen…

Phase 2: KI-Agenten (2023-2024)

  • autonomes Handeln mit mehreren Schritten
  • persistentes Gedächtnis und Kontext
  • Nutzung von Web-Suchen, API-Abfragen, Code-Ausführung
  • Beispiele: Copiloten, Computer Use…

Phase 3: Multi-Agenten-Systeme (2024-…)

  • mehrere spezialisierte Agenten kooperieren
  • sie teilen sich Aufgaben und bearbeiten sie parallel
  • sie kommunizieren untereinander und koordinieren sich
  • Beispiele: CrewAI, AutoGPT, MetaGPT…]

Dafür lassen sich Multi-Agenten-Systeme einsetzen

Werfen wir nun einen Blick auf konkrete Anwendungsfelder, in denen die AI-Agenten-Teams hilfreich sein können:

Software-Entwicklung & Programmierung

Die Programmierung von Software lässt sich gut in einzelne Arbeitsschritte aufteilen und ist damit perfekt für Multi-Agenten-Systeme geeignet. In herkömmlichen Prozessen sind Planung und Design, Implementierung (Codierung), Testen, Bug-Fixing, Dokumentation und Deployment linear angeordnet. Werden die einzelnen Schritte dagegen von AI-Agenten übernommen, können sie parallel gestartet werden. Allein der Code-Review-Prozess lässt sich so enorm beschleunigen:

  1. Agent 1 analysiert die Code-Qualität,
  2. Agent 2 überprüft auf Sicherheitslücken und
  3. Agent 3 testet die Performance.

Solche KI-Programmier-Teams sorgen beispielsweise dafür, dass die KI-Entwicklung so schnell voranschreitet. Ein Großteil der KI-Programmierung stammt mittlerweile von KI-Tools.

Lieferketten-Optimierung

AI-Agenten übernehmen die Rollen von Lieferanten, Logistikunternehmen und Herstellern. Sie verhandeln untereinander, passen die Produktion an Prognosen und Nachfrage an und planen Lieferungen.

  1. Agent 1 analysiert die Nachfrage anhand historischer Verkaufsdaten und berücksichtigt dabei in Echtzeit externe Faktoren wie Wetterprognosen, Feiertage, den Wettbewerb oder sogar Stimmungen, beispielsweise über die Nachrichtenlage oder Social Media.
  2. Agent 2 überwacht die aktuellen Lagerbestände und Lieferzeiten und löst Bestellungen idealer Mengen aus, um Leerstände und zu hohe Lagerkosten zu vermeiden. Er nutzt die Analysedaten von Agent 1 und sendet Lieferdaten an Agent.
  3. Agent 3 ist für die Abwicklung der gesamten Logistik zuständig. Dabei kann er je nach Transportweg Staus, die aktuellen Dieselpreise oder die Auslastung von Frachtzentren wie Seehäfen oder Flughäfen einbeziehen.
  4. Agent 4 sucht permanent nach externen Bedrohungen, die die Prozesskette beeinträchtigen könnten. Dazu zählen beispielsweise extreme Wetterlagen, Streiks oder größere Preisschwankungen. Identifiziert er eine Störung, schickt er Echtzeit-Meldungen an die anderen Agenten, die den Prozess dann entsprechend anpassen können.

Marktforschung

Die Marktforschung bietet sich geradezu an, von einem Team aus KI-Agenten übernommen zu werden. Hierbei geht es nicht nur um verschiedene Aufgaben, die kombiniert zu den gewünschten Ergebnissen führen, sondern im Kern um eine Kernfunktion von KI: die Mustererkennung in großen Datenmengen.

  1. Agent 1 übernimmt die Recherche und sammelt eine große Menge an Rohdaten aus sozialen Medien, Nachrichten und Branchenberichten.
  2. Agent 2 verarbeitet diese Rohdaten, identifiziert Muster, Zusammenhänge und Lücken im Markt.
  3. Agent 3 leitet aus den Musteranalysen konkrete, direkt umsetzbare Empfehlungen ab.

Multi-AI-Agenten-Systeme eröffnen neue Möglichkeiten

Auch mit kooperativen Agenten geht es noch nicht ganz ohne Menschen. Die gezeigten Beispiele benötigen ein gewisses Maß an menschlicher Kontrolle, Pflege und Überwachung. Die eingesparte Arbeitszeit können Organisationen nutzen, um aus den Prozessergebnissen mit menschlicher Expertise noch mehr herauszuholen.

In anderen Bereichen eröffnen sich durch KI-Unterstützung Möglichkeiten, die sich mit menschlichen Fähigkeiten allein nicht bieten würden. So benötigen wir für den Wandel in der Energiewirtschaft ein intelligentes System, das in Echtzeit auf viele verschiedene Einflüsse und Faktoren reagieren kann. Und das mit maximaler Geschwindigkeit, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr.

Auch die immer komplexeren Strukturen der Cloud-Technologie verlangen nach effizienten, dynamischen und lernfähigen Systemen. Ein weiteres Beispiel sind moderne Verkehrsleitsysteme in Megacitys.

Agenten sind der Schlüssel zur Schaffung von wirtschaftlichem Wert durch GenAI.

Dr. Andreas Nawroth Führender Experte für KI und Quantenphysik. Quelle: Tech Trend Radar 2025

Herausforderungen und Risiken

Die größte Herausforderung besteht aktuell in der komplexen Koordination vieler KI-Agenten in einem System, deren Kommunikation abgesichert sein muss. In den kommenden Monaten müssen dafür Standards für die Interoperabilität entwickelt werden. Zudem stellt sich die Frage, wer für das aufgesetzte System verantwortlich ist und im Schadensfall die Haftung übernimmt. Zudem muss geklärt werden, wie Multi-Agent-Systeme im EU AI Act klassifiziert werden und welche datenschutzrechtlichen Maßnahmen gemäß DSGVO zu treffen sind.


Alles ganz „ainfach“, oder?

Die einfache Bedienung von Large Language Models (LLMs), die über Chatfunktionen verfügen, hat unsere Erwartungen an die Benutzerfreundlichkeit von KI-Tools in unrealistische Höhen schnellen lassen. Hinzu kommen die überzogenen Marketingversprechen, die klingen, als wären Multi-AI-Agenten-Systeme wie die Lego-Grundausstattung, die ich als Kind zu Weihnachten bekam. Die größte Hürde war das Geschenkpapier, danach ging alles fast wie von selbst.

Ganz so einfach ist es mit den Agenten-Bausteinen jedoch nicht, wie Kollege Markus Sekulla in einem Selbsttest feststellen musste. Je komplexer und damit oft eben auch nützlicher ein KI-Agentensystem aufgebaut ist, desto eher benötigen wir dafür ein vertieftes technisches Verständnis und Programmierkenntnisse.

Vielleicht ist es aber nur noch eine Frage der Zeit, bis wir Multi-KI-Agenten-Systeme genauso aufbauen können wie menschliche Teams. Erste Hinweise auf diese Entwicklung gibt es von der AI Workflow Automation Platform n8n. Die neue Beta-Version des „AI Workflow Builders“ versteht natürliche Sprache und erstellt aus unseren Vorstellungen die passenden Agenten-Systeme.

Text: Falk Hedemann


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