Praxistest verdeutlicht Relevanz des BFSG
Wenige Wochen vor Inkrafttreten des BFSG zeigte die dritte gemeinsame Untersuchung von Aktion Mensch, Google und weiteren Partnern sehr deutlich, wie dringend verbindliche Regeln für digitale Barrierefreiheit gebraucht werden.
Getestet wurden 65 der Top 500 Webseiten, auf denen ein E-Commerce-Shop integriert ist und gleichzeitig die komplette „User Journey“ vom Durchsuchen bis zum Kaufabschluss abgebildet wird. Die Testung erfolgte durch erfahrene Menschen mit Behinderung. Dabei ging es um Alltagstauglichkeit: Lässt sich eine Seite per Tastatur bedienen? Können Nutzende Kontrast und Schriftgröße selbst einstellen? Sind Videos oder Audiodateien so gestaltet, dass sie sich einfach erfassen, pausieren oder beenden lassen?
Die Ergebnisse waren ernüchternd: Lediglich ein Drittel der Anbieter erfüllte die Grundprinzipien eines barrierearmen Onlineshops. Nur 20 konnten ohne Maus bedient werden. Bei der Mehrheit zeigten sich schlechte Kontraste und es gab keinen sichtbar oder farblich akzentuierten Fokusrahmen – Menschen mit einer Sehbehinderung wissen dann nicht, ob sie sich gerade im Warenkorb oder im Suchfeld befinden.
Wer kontrolliert die Umsetzung?
Da drängt sich die Frage auf: Wie und durch wen wird geprüft, ob Anbieter und Dienstleister, die unter das BFSG fallen, ihre Hausaufgaben gemacht haben? Eigentlich wäre das Ländersache. Man hat sich aber darauf verständigt, eine zentrale Stelle einzurichten: die Marktüberwachungsstelle der Länder für die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen, kurz MLBF. Die soll dafür sorgen, dass die Vorgaben bundesweit einheitlich durchgesetzt werden. Formal existiert die Behörde mit geplantem Sitz in Magdeburg seit 26. September 2025.
Strafen bis zu 100.000 Euro
Tatsächlich drohen empfindliche Strafen für Unternehmen, die trotz ausreichend Vorlaufzeit ihr digitales Angebot wie Onlineshops, Apps oder digitale Vertriebsprozesse noch nicht angepasst haben. Bis zu 100.000 Euro Bußgeld können fällig werden. Der Gesetzgeber kann sogar verlangen, dass ein Produkt bzw. eine Dienstleistung bis zur Nachbesserung offline genommen wird. Abmahnungen durch den Wettbewerb oder Interessens- und Verbraucherverbände sind ebenfalls möglich.
Solche Strafen können dafür sorgen, dass Regeln eingehalten werden – aber sie schaffen kein Bewusstsein. Denn viele Unternehmen haben das Thema Barrierefreiheit umgehend von ihrer Agenda genommen, sobald feststand, dass sie nicht betroffen sind. Das ist schade. Denn jede Website, die barrierearm erstellt wurde, ist nicht nur angenehm für Menschen mit einer Behinderung.
Möglichkeiten, Barrierefreiheit im Unternehmen voranzutreiben
Das eigentliche Problem ist dabei weniger das Geld, sondern eher die Haltung. Viele verstehen Barrierefreiheit immer noch als Sonderleistung für wenige statt als Selbstverständlichkeit für alle. Dabei profitieren auch Menschen ohne Behinderung von besserer Lesbarkeit, klareren Strukturen, einer einfacheren Bedienung und verständlicherer Sprache.
Künstliche Intelligenz kann auch in diesem Bereich schon heute entlasten. Nehmen wir eine Website, auf der Content täglich aktualisiert werden muss. Die KI kann diesen bereits gut und schnell in einfache Sprache umwandeln oder aber Übersetzungen, Alt-Texte und passendes Bildmaterial generieren. Am Ende sollte es allerdings immer noch eine menschliche Instanz geben, die das Ergebnis kontrolliert. Denn für Feinheiten braucht es weiterhin menschliches Feingespür mit Blick auf Zusammenhänge und Nuancen.
Tools wie wave.webaim.org liefern gute erste Analysen für Websites, ersetzen aber nicht die inhaltliche Arbeit. Auch der Content muss gut strukturiert, die Überschriften-Hierarchie eindeutig, Medien ausreichend für Screenreader beschrieben sein und vieles mehr. Für die reibungslose Umsetzung inklusiver, barrierefreier Webseiten bei ERGO sorgt das Start-up Eye-Able, zugleich Partner in unserem ERGO ScaleHub. Die Plattform von Eye-Able macht es einfach, jede Seite entsprechend zu optimieren.