Digitalisierung & Technologie, 16. Mai 2025

Systematische Erprobung Multimodaler GenKI

Blick in das ERGO Innovation Lab

Georgina Neitzel, Head of ERGO Innovation Lab

Georgina Neitzel, Head of ERGO Innovation Lab

KI ist im Versicherungsalltag angekommen: Sie klassifiziert Dokumente, beantwortet in Form von Phonebots, hilft, Risiken besser einzuschätzen oder unkritische Entscheidungen zu automatisieren, etwa in Dunkel­verarbeitungs­prozessen. Doch was bisher vor allem Prozesse effizienter gemacht hat, wird nun zur Quelle neuer Ideen, Entscheidungswege und Inhalte. Wie genau, das verrät unsere Kollegin Georgina Neitzel, Leiterin des ERGO Innovation Lab in Berlin, im folgenden Gastbeitrag, der zunächst im IT Fachmagazin erschienen ist.

Multimodale Generative KI (GenAI) markiert die nächste Evolutionsstufe von KI, mit Möglichkeiten, die weit über Prozessoptimierung hinausgehen. Im ERGO Innovation Lab, einem Inkubator für neue Ideen und Spin-ins der ERGO Group, loten wir das Potential dieser Technologie bereits aus und bringen GenAI von der Idee in die Wertschöpfung.

Wir verbessern nicht nur Prozesse, sondern denken Produkte, Services und Nutzerinteraktionen grundlegend neu.

Denn durch die simultane Verarbeitung von Sprache, Texten, Bildern und Videos in Echtzeit werden völlig neue Mensch-Maschine-Interaktionen möglich.

Im ERGO Innovation Lab entstehen aus Ideen konkrete Lösungen

Im ERGO Innovation Lab haben wir bereits umfangreiche Erfahrung mit GenAI-gestützter Produktentwicklung gesammelt. Hierbei haben wir nicht nur klassische Innovationsprozesse wie Design Sprints, sondern auch spätere Phasen, etwa die Optimierung der User Experience, effizienter gestaltet. GenAI unterstützt uns dabei, Lösungen schneller zu iterieren, sei es durch KI-gestützte Evaluation oder die effiziente Bündelung von Nutzerfeedback. Ein entscheidender Faktor, um Produkte schneller zur Marktreife zu bringen.

Darüber hinaus wird GenAI künftig auch völlig neue Wege in der Kommunikation eröffnen. So könnten KI-generierte Videos helfen, komplexe Produkte verständlicher zu erklären. Virtuelle Avatare könnten Kunden rund um die Uhr durch einfache Anliegen führen, etwa bei der Unterstützung von Schadenmeldungen. Interne Chatbots könnten operativen Teams den schnelleren Zugriff auf Wissensdatenbanken ermöglichen. Im ERGO Innovation Lab erproben wir, wie sich das konkret umsetzen lässt. Wie mit GenAI gezielt die Servicequalität gesteigert und gleichzeitig interne Teams von Routineaufgaben entlastet werden können.

GenAI verändert auch die Art und Weise, wie Verbraucher online nach Versicherungsprodukten suchen und sich darüber informieren.

Sprachmodelle wie ChatGPT oder KI-Zusammenfassungen von Google ermöglichen es, auf komplexere Fragestellungen unmittelbare Antworten und sogar Produktempfehlungen in natürlicher, leicht verständlicher Sprache zu erhalten. Wir beschäftigen uns deshalb aktuell intensiv im Rahmen einer Studie damit, wie wir in Zukunft unsere digitalen Inhalte ausrichten müssen, um in diesem veränderten Suchumfeld sichtbar und damit wettbewerbsfähig zu bleiben.

GenKI verändert den Prozess der Risikoprüfung und -übernahme durch Versicherer

Zudem ist ein weiterer Schlüsselbereich, den wir im ERGO Innovation Lab bezüglich GenAI im Blick haben, das Underwriting, also den Prozess der Risikoprüfung und -übernahme durch Versicherer. Hier könnte GenAI helfen, vielfältige Datenquellen effizient zusammenzuführen, von strukturierten Informationen bis zu unstrukturierten Bildern, Texten und Sprache, um so beispielsweise eine individuellere Risikobewertung und passgenauere Angebotserstellung zu ermöglichen.

Dabei haben wir erkannt, dass diese Technologie weit über Prozessoptimierungen hinausgeht und den Weg für neue datengetriebene Geschäftsmodelle ebnet, indem sie Risiken umfassender erfasst, frühzeitig mitigiert und maßgeschneiderte Policen ermöglicht.

Und auch das Feld intelligenter Automatisierung erschließen wir uns mit Agentic AI, einer Form von KI, die autonom Entscheidungen trifft, proaktiv agiert und sich selbstständig an sich veränderte Umgebungen oder Anforderungen anpasst. Ein Beispiel für Agentic AI ist ein System, dass Schadenmeldungen eigenständig aufbereitet und fehlende Informationen einholt. Agentic AI kann dabei unterstützen, komplexe „Aufgabenpakete” zu strukturieren und beispielsweise Informationen aus verschiedenen Quellen zu verknüpfen und vorbereitende Analysen bereitzustellen. So werden manuelle Aufwände reduziert und Informationsflüsse optimiert, sodass sich Fachbereiche stärker auf die Interpretation der Ergebnisse und die Ableitung von konkreten Maßnahmen konzentrieren können. Wichtig ist dabei: Bei der ERGO Group verfolgen wir einen menschenzentrierten Ansatz bei der Entwicklung und dem Einsatz KI-basierter Lösungen. Der Mensch hat als “Human in the Loop” immer das letzte Wort.

Auch Ideen, die nicht skalieren, bringen einen weiter

So vielversprechend die oben genannten Entwicklungen rund um GenAI auch sind, muss dabei eins immer klar sein:

Nicht jede Idee schafft es in die breite Umsetzung.

Im Rahmen unserer Innovationsarbeit testen wir Technologien und deren Anwendungsfälle systematisch unter verschiedenen Gesichtspunkten, wie beispielsweise strategische Passung, technische Machbarkeit, Nutzerakzeptanz oder Marktpotential. Manche Digitalprojekte werden dabei gänzlich wieder eingestellt, da sie nicht den Erwartungen entsprechen. Das frühzeitige Erkennen, wenn Hypothesen in der Validierung nicht standhalten, ist entscheidend, um agil zu reagieren, daraus zu lernen, Verbesserungen abzuleiten und Kapazitäten für die wirklich erfolgversprechenden Projekte freizusetzen. Dabei liefert jede Validierung wertvolle Erkenntnisse, unabhängig davon, ob die Hypothese standhält oder nicht. Ein systematischer Validierungsansatz und eine gelebte Lernkultur sind daher essenziell. Und die Basis für erfolgreiches Innovationsmanagement.

Text: Georgina Neitzel, Leiterin ERGO Innovation Lab


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