Digitalisierung & Technologie, 23.01.2025

Gemeinsam Zukunft gestalten: Kooperationen mit Start- und Scale-ups

Ein Kommentar von ERGO CDO Mark Klein

ERGO CDO M

Die Zusammenarbeit mit Start- und Scale-ups kann für Versicherer ein inspirierender und wertvoller Ansatz sein, um die eigene digitale Transformation noch weiter voranzubringen. Von den aufstrebenden Unternehmen können Versicherer wichtige Impulse erhalten, wenn es um neue Technologien, Märkte oder Geschäftsmodelle geht. Start- und Scale-ups wiederum bekommen durch Partnerschaften mit Assekuranzen Zugang zu branchenspezifischem Fachwissen, Ressourcen oder Netzwerken. Gut gemacht, stärken solche Kooperationen die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit auf beiden Seiten!

Wer von Ihnen hört heute noch Kassetten, greift zu analogen Rechenschiebern oder lässt Farbfilme entwickeln? Wahrscheinlich die wenigsten. Kassetten mussten im Laufe der Jahre CDs, MP3 und Streamingdiensten weichen; Rechenschieber wurde durch Taschenrechner, Handys und Computer ersetzt; Bilder lässt man heute höchsten noch über das Smartphone im Selfservice von Drogeriemärkten entwickeln. Zwar gibt es immer mal wieder kleinere Comebacks von Produkten und Trends vergangener Tage. Doch im Großen und Ganzen bleiben sie genau das: vergangen.

Was es braucht, um als Unternehmen in unserer dynamischen Welt zu bestehen, sind kontinuierliche Anpassungen. Neue Märkte, Technologien und veränderte Kundenbedürfnisse setzen eine stetige und proaktive Entwicklung voraus. Technologischer Fortschritt schreitet in immer kürzeren Zyklen voran, weshalb Stillstand in dieser Situation gleichbedeutend ist mit Rückschritt. Kein Unternehmen sollte sich auf seinen Erfolgen ausruhen, so groß es auch sein mag. Denn wer sich im digitalen Zeitalter erfolgreich positionieren will, um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss sich immer wieder neu erfinden. Start- und Scale-ups können dabei wichtige Impulse geben.

Was unterscheidet Start-ups und Scale-ups?

Die Unternehmen – seien sie nun in ihrer Anfangsphase (Start-ups) oder bereits etabliert (Scaleups) – stehen stellvertretend für eine Kultur des ständigen Wandels. Sie sind der Inbegriff von Innovation, Agilität und dem Mut, neue, unkonventionelle Wege zu gehen. Neben hoher Technologieaffinität und -expertise zeichnen sich Start- und Scale-up durch eine maximal kundenzentrierte Denkweise und disruptive Geschäftsmodelle aus. Kurzum: Sie sind ein wesentlicher Treiber der digitalen Transformation. Das sollten auch Versicherer für sich nutzen.

Gerade Versicherer stehen aufgrund ihrer Größe, Struktur und etablierten Prozesse nämlich immer wieder vor speziellen Herausforderungen, wenn es um das Thema digitale Transformation geht. Sie sind traditionell beständig. Ihre Systeme und Prozesse sind auf Stabilität und Effizienz ausgerichtet. Jede Veränderung daran muss umfangreich geplant, getestet und eingebunden werden; das braucht Zeit und erfordert Ressourcen. Versicherer müssen zudem zahlreiche rechtliche und regulatorische Anforderungen erfüllen, um neue Technologien testen oder einsetzen zu können. Die Versicherungsbranche gehört schließlich zu den am stärksten regulieren Branchen Deutschlands. Und: Eine digitale Transformation ist immer auch eine kulturelle Transformation. Auch sie braucht Zeit und Kontinuität.

Um dennoch die immer wieder wichtigen Impulse zu bekommen, um sich als Unternehmen weiterzuentwickeln, sollten Versicherer die Zusammenarbeit mit Start- und Scale-ups erwägen. Es könnte eine Schlüsselstrategie für sie sein, denn die Unternehmen können Versicherern dabei helfen, trotz dieser Gegebenheiten konsequent einfache, innovative und kundenzentrierte Lösungen anzubieten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittels neuer Technologien von Routinetätigkeiten und Arbeitsspitzen zu entlasten oder durch den Einsatz neuer Lösungen eine höhere Effizienz, Effektivität sowie bessere Wachstumschancen zu erreichen.

Neue Trends und Technologien verproben

Denn mit Start- und Scale-ups können Versicherer die neuesten Trends und Technologien zunächst verproben, bevor sie dazu alle nötigen Prüfprozesse bei sich anstoßen. Das spart Zeit und Ressourcen. Sollte sich ein Pilotprojekt bewährt haben und mit allen Regularien vereinbar sein, lässt sich so auch die interne Umsetzung beziehungsweise die „Time to Market“ verkürzen, also die Zeitspanne von der Entwicklung einer Produktidee bis zu ihrer Markteinführung. Versicherer bekommen über Start- und Scale-ups außerdem Zugriff auf Spezialwissen, dessen interner Aufbau mitunter Jahre dauern würde. Das ist eine klassische „Make or Buy“-Entscheidung: Kauft ein Unternehmen eine Lösung ein oder es entwickelt sie selbst? Da sich die aufstrebenden Unternehmen oft jahrelang intensiv auf ein Thema spezialisiert haben, würde es ungleich mehr an Ressourcen und Aufwand fordern, ähnliche Angebote selbst zu entwickeln. Die Entscheidung fällt in vielen Fällen deshalb sehr leicht.

Doch nicht nur Versicherer profitieren von einer Zusammenarbeit: Auch Start- und Scale-ups haben hiervon viel. So erhalten sie durch die Partnerschaft mit großen Versicherungskonzernen Zugang zu einem breiten Kundenstamm und bereits erfolgreich etablierten Vertriebsnetzen, sowohl national als auch international. Sie können mit ihnen ihre Geschäftsmodelle schneller skalieren und mit ihren Produkten oder Dienstleistungen expandieren. Start- und Scale-ups steht durch eine Zusammenarbeit mit Versicherern umfassendes Fachwissen zur Verfügung, beispielsweise zu Risikomanagement, Compliance, Regulierung oder Marktstrategien. Außerdem erhalten sie durch Kooperationen langfristige Stabilität und Sicherheit sowie den Kontakt zu weiteren möglichen Partnern und Investoren. Ein Asset, das in wirtschaftlich unsicheren Zeiten nicht zu unterschätzen ist.

Natürlich müssen beide Seiten bei einer Kooperation auch mit Herausforderungen rechnen. Das können kulturelle Unterschiede sein oder unterschiedliche Arbeitsmethoden, komplexe Entscheidungsprozesse, regulatorische Anforderungen, unterschiedliche Prioritäten oder technologische Integrationsherausforderungen. Gerade bei Start-ups müssen vor einer Kollaboration zudem gewisse Anforderungen erfüllt sein wie ISO-Zertifizierungen, gültige Penetrationstest, Datenschutzkonformität und weiteres. Doch diese Hürden lassen sich meistern. Und es kann eine fruchtbare Partnerschaft entstehen, die die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit auf beiden Seiten stärkt. ERGO hat hiermit schon sehr gute Erfahrungen gemacht.

Der Versicherer hat bereits 2016 eine eigene Einheit für Innovation Strategy & Scouting initiiert. Sie beobachtet den deutschen und internationalen Start- und Scale-up-Markt kontinuierlich nach den neuesten Digitallösungen, um sie bei positiver Bewertung für die Gruppe nutzbar zu machen. Dies hilft ERGO dabei, ihre Produkte, Prozesse und Services kontinuierlich zu verbessern. Mit mehr als 80 nationalen und internationalen Start- und Scale-ups hat der Versicherer bereits erfolgreich zusammengearbeitet; exemplarisch seien hier Celonis, AirDoctor oder Miss Money Penny genannt. Und gerade erst hat ERGO sein Engagement für entsprechende Kooperationen erweitert.

Gestatten: der ERGO ScaleHub

So hat der Versicherer zum Start der diesjährigen Startup-Woche Düsseldorf ein eigenes Scaleup-Programm vorgestellt: den „ERGO ScaleHub“. Hier wollen die ERGO Innovation & Digital Transformation Unit, die Startup Unit der Wirtschaftsförderung Düsseldorf sowie der Community Space TechHub.K67 künftig gezielt Scale-ups am Standort Düsseldorf unterstützen. Mit zahlreichen Services wie dem Zugang zu nationalen und internationalen Experten-, Business- und Investoren-Netzwerken, Kontaktvermittlungen für Visa oder Räumlichkeiten zum Arbeiten sollen so deutsche und internationale Scale-ups aus den Bereichen Gesundheit, Finanzen und Versicherungen unterstützt werden, um erfolgreich weiter zu wachsen. Die Scale-ups werden dabei von den Partnern nach Kriterien wie Reifegrad des Produktes, Geschäftsmodell oder Wachstumspotenzial ausgesucht. Mit CamCom steht bereits das erste Scale-up fest, das an dem Programm teilnehmen wird. Das Unternehmen aus Bangalore, Indien, bietet eine KI-Lösung zur visuellen Selbstinspektion und Bewertung von Schäden an Fahrzeugen auf nahezu allen Oberflächen an.

ERGO verspricht sich von dem Programm einen noch schnelleren Zugang zu neuen Technologien und Innovationen sowie eine verkürzte „Time to Market“. Beides soll die digitale Transformation des Versicherers nochmals unterstützen. Darüber hinaus soll mit dem Programm der Standort Düsseldorf perspektivisch weiter an Attraktivität für Scale-ups gewinnen.

Zahlreiche Beispiele zeigen bereits: Die Zusammenarbeit mit Start- und Scale-ups kann Versicherern entscheidende Impulse geben, wenn es darum geht, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die am Puls der Zeit sind. Die aufstrebenden Unternehmen können den Blick auf Trends und Entwicklungen lenken, lange bevor sie am Horizont erscheinen. Das wiederum können Versicherer nutzen, um sich Wettbewerbsvorteile und Wirtschaftlichkeit zu sichern. Mit Start- und Scale-ups können Versicherer immer wieder innoviert und gestärkt in die Zukunft gehen. Und diese gemeinsam gestalten.

Text: Mark Klein, CDO ERGO Group


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Autor: Mark Klein, CDO ERGO Group

Mark Klein ist seit 2016 der Chief Digital Officer von ERGO. Zuvor war er bei T-Mobile Netherlands. Seine Hauptaufgabe bei ERGO ist die digitale Transformation des traditionellen Geschäfts im In- und Ausland. Zudem etabliert er neue, digitale Geschäftsmodelle.

Mark Klein – Chief Digital Officer – ERGO Group

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